Die Haarschnecke

Es war schwül in diesem Büro. Walter fächerte sich mit einer dieser sinnleeren Akten Luft zu. Abrupt hielt er inne, als die Assistentin von Herrn Eberknecht hereinkam, um weitere Akten auf den Stapel zu legen, den Walter jetzt schon niemals wirklich würde abarbeiten können.

Fräulein Emily. Sie bestand darauf mit „Fräulein“ angesprochen zu werden. Wer um alles in der Welt bestand heute noch darauf als Fräulein angesprochen zu werden? Und wer trug heute noch solche Haarschnecken? Als Fräulein Emily sich vorn über beugte, um in ihrer reinlich weißen Bluse die Akten abzulegen, sagte sie: „So Herr Kuhn, da habe ich mal wieder etwas für sie.”

Das war nicht von der Hand zu weisen. Walter starrte auf den weit auseinander klaffenden Ausschnitt ihrer Bluse, mit dem er sich geradewegs auf Augenhöhe befand und sah den Spitzenrand ihres Büstenhalters, der keinen Zentimeter Brust freigab. Warum trug eine Frau mit ihren 25 Jahren solche gepanzerte Unterwäsche und wollte Fräulein genannt werden?

„Danke Fräulein Emily”, sagte Walter mit belegter Stimme.

Aber eigentlich dachte er daran, sie an den beiden Haarschnecken zu greifen, die wie Henkel an einem Topf rechts und links über den Ohren abstanden und ihren Kopf daran herüber zu ziehen, in seinen Schoss zu drücken, und ihr zu sagen: „Ich habe da auch was für Sie, Fräulein Emily.”

Aber er starrte nur auf ihre dicke, schwarz umrandete Brille, die sicherlich aus der gleichen Zeit wie ihre Frisur stammte und sagte: „Ist wieder unerträglich, die Luft heute, nicht wahr?”

Gewöhnlich sprach Emily nicht viel. Doch heute machte sie mal eine Ausnahme.

„Das können Sie sagen, Herr Kuhn. Meine Bluse klebt mir schon am Rücken fest. Das ist widerlich nicht wahr. Man sollte hier wirklich eine Klimaanlage einbauen.”

Das war typisch für Emily. Sie sagte immer: „Man müsste mal, man sollte mal, man könnte doch.” Nie sagte sie: „Ich will eine Klimaanlange. Ich verlange mehr Gehalt. Nein. Man sollte mal über eine Gehaltserhöhung nachdenken.”

So war sie, das Fräulein Emily, die gerade leise und dezent wie sie war, die Tür hinter sich zuzog und Walter in seinem Schweiß und mit seinen Akten wieder allein ließ.

Dieses Fräulein reizte Walter. Er wusste nicht genau warum. Sie war eine wirklich graue Maus, aber immer, wenn er in ihrer Nähe war, spürte er ein leichtes Kribbeln in seiner Beckengegend. Walter starrte abwesend aus dem Fenster. Am Wochenende würde er eine ganze Zeit lang in ihrer Nähe sein, denn es stand das halbjährliche Vertrieb-Ccoaching im einem dieser neuen, nach Plastik riechenden, Tagungshotels in Heide an.

Walter hasste solche Tagungen, wo eigentlich nur getrunken wurde und man drei Tage lang dem Dauerstress mit den Kollegen ausgesetzt war. Firmenkultur. Schrott.

*

Gleich am Freitag hatte Walter sich mit einigen Bieren dem allgemeinen Spaßlevel angepasst und sich abends in die Hotelbar zurückgezogen, eigentlich, um seinen Kollegen aus dem Weg zu gehen.

Wie gern würde er jetzt mit seiner Frau vor dem Fernseher sitzen und nichts denken. Stattdessen saß er hier, trank noch ein Bier und wartete auf den nächsten Kollegen, der vorbeikommt, um noch mal zu sagen, dass die Zeiten für Türzargen nicht besonders rosig seien und die Zahlen …

„Man müsste sich doch mehr unter die Kollegen mischen”, hörte Walter eine zarte, unsichere Stimme neben sich. Fräulein Emily!

„Man müsste diese Kollegen alle erschießen”, knurrte Walter zurück.

Fräulein Emily kicherte, obwohl Humor so gar nicht ihre Sache war.

„Ja, man kann wohl nicht alle Kollegen mögen“, stellte Emily fest und bestellte sich einen Gin Tonic, mit nicht allzu viel Gin. „Wenigstens haben die hier eine Klimaanlage.”

Ja, ein kühler Luftzug war hier schon zu spüren. Walter stieß mit Fräulein Emily an und betrachtete ihre Haarschnecken, die wie ein paar Kopfhörer über den Ohren saßen. Eigentlich sah Emily immer gleich aus. Die weiße Bluse, Walter wusste nicht, ob das nicht sogar immer dieselbe war, der graue Rock bis knapp übers Knie und dieselben schwarzen Pumps, die auch nach Jahren noch wie nagelneu aussahen. „Ja, die Emily”, dachte Walter und nahm einen kräftigen Schluck.

„Die haben hier nicht einmal Code-Schlösser an den Türen”, erklärte Emily zusammenhangslos. Wohl um Konversation zu machen. „Man muss die Türen von innen verriegeln. Wo ich doch so vergesslich bin. Ich denke schon den ganzen Tag, dass man das bloß nicht mal vergisst. Oder gar den Schlüssel verliert.”

„Machen Sie sich keine Sorgen”, beruhigte Walter sie. „Hier wird schon nichts gestohlen, wir sind ja unter uns.”

Das stimmte, denn das Hotel war auf seine großspurige Art, eher klein. Typisch, dass die Geschäftsleitung daran sparte. Na, wenn man es recht bedachte waren die Zeiten nicht so dicke für Türzargen aus Aluminium und die Zahlen …

„Ich werde mich wohl zurückziehen”, sagte Fräulein Emily und stellte ihr leeres Glas auf den Tresen zurück. „Man muss ja morgen wieder frisch sein”, erklärte sie, während sie nach dem Portemonnaie kramte.

„Lassen Sie mal, Fräulein Emily. Ich mache das schon”, offerierte Walter großzügig.

Walter trank noch zwei Bier, einige Kollegen sangen im Nebenraum, kritisch beäugt von der Geschäftsführung. Walter wusste aus Erfahrung, dass man sich hier besser nicht daneben benahm, wenn man noch befördert werden wollte. Allerdings musste man sich halt auch unters Volk mischen, wenn man auf eine Gehaltserhöhung aus war. Beides tat Walter nicht. Er war zufrieden wo er war und gut.


Er hatte doch ordentlich einen im Tee, stellte Walter fest, während er die schmale Stiege hinauf zu den Zimmern wankte. Morgen vielleicht zwei Bier weniger.

Als er an Emily Zimmer vorbei ging musste er kichern. „Ob sie wohl daran gedacht hatte die Tür abzuschließen?” Spaßeshalber drückte er die Klinke herunter. Die Tür war offen. Das dumme Ding. Hatte sie doch tatsächlich vergessen zu verriegeln!

„Fräulein Emily!” rief er flüsterleise ins Zimmer. Doch es kam keine Antwort. Er schob die Tür ein wenig weiter auf und sah ins Zimmer hinein. Fräulein Emily lag im Bett und schlief seelenruhig. Walter betrat das Zimmer. Warum wusste er jetzt auch nicht genau. Er konnte die Tür ja bestenfalls von innen verriegeln. Aber wie kam er dann wieder hinaus?

Vorsorglich schloss er die Zimmertür hinter sich. Dann tapste er im Halbdunkel zu Emilys Bett. Natürlich hatte sie die Haarschnecken über Nacht nicht herausgenommen. Sie lag friedlich auf Rücken und atmete gleichmäßig vor sich hin. Ein hübscher Anblick, ohne Zweifel. Jetzt merkte Walter aber, dass er ziemlich betrunken sein musste, denn er erwischte sich dabei, wie er bei diesem Anblick durch die Hosentasche hindurch sein plötzlich erwachtes Glied massierte.

Oh Mann, er war mehr als nur ein wenig betrunken, denn er scheute sich nicht, seine Hose zu öffnen, sein halbversteiftes Glied herauszuholen und beim Anblick der Haarschnecken hemmungslos zu onanieren. Es dauert nicht lange, bis wusste, dass er damit nicht aufhören würde, bis er kommen wäre. Er war schon jetzt zu weit gegangen und suchte nach etwas, wo er seine Ladung unauffällig loswerden könnte.

Die Haarschnecke hatte ein rundes Loch in der Mitte. Wie gemacht, um … Kurz bevor er kam schob Walter seine Penisspitze vorsichtig in die Öffnung der Haarschnecke. Dann ließ er seinem kleinen Walter freien Lauf. Das Ejakulat drang tief in Schnecke ein und verteilte sich zähflüssig im Haar.

Walter wurde beinahe wieder nüchtern. Was hatte er da getan? Seine Frau hatte ihn schon öfters „Einen Perversen genannt”, als er vorschlug beim Verkehr doch mal das Licht anzulassen. Was, wenn sie jemals herausfand, dass er einer wildfremden Frau in die Haare ejakuliert hatte?

Fluchtartig verließ Walter das Zimmer von Fräulein Emily.

Das war jetzt nicht wirklich passiert, das war nur eine von Walters üblichen Phantasien. Eine Tagpsychose, sonst nichts. Er warf sich auf sein Bett und versuchte alles vergessend einzuschlafen.

*

Beim Frühstück fühlte Walter sich ausgesprochen fit und ungewöhnlich ausgeruht. Unauffällig starrte er immer wieder auf die Haarschnecke von Fräulein Emily am Tisch nebenan. Er versuchte Spuren seiner gestrigen Tat zu entdecken. Aber die Haarschnecke ließ sich nichts anmerken. Schon gar nicht, was sie vielleicht noch in ihrem Inneren verbarg. Walters Laune steigerte sich noch, als Fräulein Emily ihn freundlich anlächelte. Sie hatte also nichts mitbekommen, gestern Nacht und es amüsierte Walter plötzlich, dass das blitzsauerbe Fräulein womöglich hier am Tisch saß und seine Gene in ihren Haarknoten mit sich herum trug.

Ansonsten war der Tag wie der Vorherige. Die Lage für Türzargen war nicht so dolle, die Zahlen … Bis Walter gegen Abend doch wieder deprimiert in der Bar landete. So, wie er die Sache sah, war Fräulein Emily auch heute wieder recht früh zu Bett gegangen.

Auch er verabschiedete sich vorzeitig von den Kollegen und obwohl er nicht halb so besoffen war wie gestern, konnte er nicht widerstehen Fräulein Emilys Türklinke auszuprobieren. Er wusste natürlich, dass sie es keinesfalls zweimal vergessen würde abzuschließen. Aber einfach so an ihrer Tür vorbeigehen, das konnte er jetzt auch nicht.

Emily musste wirklich ein schlechtes Gedächtnis haben. Sie hatte schon wieder die Tür offen gelassen. Walter trat ein und fand Emily tief schlafend in ihrem Bett vor.

Eine derart vergessliche Frau war im Prinzip selber schuld, dachte Walter und öffnete seine Hose. Was trug sie auch diese Haarschnecken, da konnte man als Mann ja nicht anders …

Das waren Ausreden und das wusste Walter. Er nahm sein Glied fest in die Hand. Tatsache war einfach, dass er ihr jetzt in die Haare spritzen wollte. Das Risiko war im längst egal und die Gründe auch.

Es ging schnell, dass er so weit war und sich so vorsichtig er konnte ihrem Haarknoten näherte. Gleich …

Emily drehte unerwartet den Kopf. Walters Penis befand sich jetzt nicht mehr wenige Zentimeter von ihrer Haarschnecke entfernt sondern unmittelbar vor ihrem Mund. Vor Schreck verharrte er ruhig in dieser Position. Was nun? Ihre Lippen standen halb offen und sie atmete ruhig weiter. Walter überlegte. Er würde sicherlich einige Minuten brauchen, bis er den Schreck in seinem Glied wieder heraus massiert hatte, aber der Anblick ihrer Lippen direkt vor seiner Eichel ließ ihn rasch wieder zu voller Härte anschwellen. Warum sollte er ihr nicht einfach in Mund …

Ihr Kopf hatte sich schon wieder ein Stück bewegt und ihre Lippen hatten sich unversehens um seine Eichel geschlossen. Walter war jetzt wirklich in einer Mischung aus Panik und Entschlossenheit. Er spürte wie ihre Hand die seine ergriff und wortlos auf ihren Haarknoten legte. Dann begann sie sich vorsichtig aufzurichten, wobei sie sorgfältig darauf achtete ihn fortwährend im Mund zu behalten, bis sie endlich im Bett vor ihm hockte und seine zweite Hand auf den anderen Haarknoten gelegt hatte.

Also schlafen tat sie jetzt wohl nicht mehr. Da war Walter einigermaßen sicher. Er wollte etwas sagen, aber er konnte nur fasziniert zusehen, wie sein Glied komplett in Fräulein Emilys Mund verschwand. Dann wieder auftauchte und wieder eintauchte, während er ihre Haarschnecken fest in beiden Händen hielt.
Walter wusste nicht, worauf Fräulein Emily da aus war, jedenfalls behielt sie ihn in sich, nachdem er längst schon den Zenit seiner Erektion überschritten hatte. Zumindest der ersten. Bei der zweiten ging Walter sehr viel forscher zur Sache, was Emily keinesfalls zu stören schien. Und am Ende dieser Unterhaltung, musste Walter sich fast gewaltsam aus ihrem Mund befreien, nachdem er ihr schon viermal tiefschürfend die Meinung gesagt hatte.

Er keinen Anflug von Ahnung, was er nun sagen sollte, als er endlich seine Hose wieder schloss. Emily hingegen schien auch gar kein Gerede zu erwarten. Sie ließ sich rückwärts wieder auf ihr Kissen fallen und sagte: „Man muss ja auch hin und wieder mal Kollegen lutschen dürfen.”

*

Auch am nächsten Tag machte Emily keinerlei Andeutungen, dass irgendetwas vorgefallen wäre und die Tagung ging so zu Ende, als hätte es all das nicht gegeben. Nur die Zahlen, die stimmten immer noch nicht.

Walter hatte das Gefühl fremdgegangen zu sein, obwohl das Quatsch war. So etwas würde seine Frau mit ihm sowieso nicht machen, niemals und so wie Emily schon gar nicht. Trotzdem hatte Walter ein ungutes Gefühl, als er am Montag wieder in seinem Büro saß und wusste, dass er Fräulein Emily früher oder später wieder gegenüber treten musste.

Eher früher als später. Gegen Mittag öffnete Fräulein Emily nach einem zarten Klopfen die Tür zu seinem Reich.

„Ich habe jetzt Mittagspause”, sagte sie und schien auf etwas zu warten. Als Walter nicht wusste, wie er reagieren sollte, fügte sie hinzu: „Da sollte man doch eigentlich mal schnell von hinten genommen werden.”

Sie machte noch die zwei Schritte zu seinem Schreibtisch, wobei sie im Gehen bereits den Rock hochgeschoben hatte, dort beugte sie sich vor und streckte ihren Hintern weit nach hinten weg.

Wie eine Marionette war Walter um den Schreibtisch herumgekommen und starrte auf den Hüfthalter, der den Blick auf Emilys halb entblößten Hintern und den Ansatz ihres Schambereiches freiließ.

Walter wusste, wenn er da jetzt eindrang müsste er bald noch eine Menge Dinge mehr tun. Er dachte noch darüber nach, während er seine Hose geöffnet hatte und mehr oder weniger willenlos ins Fräulein Emily hinein glitt.
„Wozu denken?“ fragte sich Walter, als klar war, dass er bis zum Anschlag in der Scheiße steckte und, dass er da so schnell nicht wieder rauskommen würde.

Schon lange bevor er kam hörte er sich spontan säuseln: „Ich liebe Sie Fräulein Emily.“

„Man muss sich nicht lieben, um sich gegenseitig das Leben ein wenig zu erleichtern”, stellte Fräulein Emily sachdienlich fest.

Doch Walter wusste, dass das eine Lüge war und es nur eine Frage der Zeit war, bis er mit Fräulein Emily und ihren Haarschnecken für immer zusammenleben wollte.

Die Haarschnecke (14) - © Copyright bei Ingolf Behrens, Hamburg, 2010. Alle Rechte vorbehalten.