Der Honk

Psychopathen

Das war ja mal ein geiles Geschoss! So liebte Alexander seine Dates. Beine bis zum Arsch, kurzer Rock, Spike-Pumps, dicke Humpen und blond.

„Sabine?“ fragte Alexander und stand formvollendet auf. Gute Erziehung war wichtig.

„Ja! Maurice?“

„Schön, das sie gekommen sind. Setzen Sie sich doch.“

Die Kleine war nicht einmal tätowiert. Womöglich kam sie auch noch aus gutem Haus.

„Was möchten Sie trinken? Sie sind natürlich mein Gast“, flötete Alexander. Er wußte genau, was bei Frauen gut ankam.

"Einen Bordeaux blanc", sagte Sabine. Ihre Stimme war samtweich, etwas zu tief vielleicht und ihre Augen schrieen: „Fick mich!“

„Oder vielleicht einen Merlot?“ fragte Alexander weltmännisch, nachdem die Bedienung erklärte, dass man Bordeaux blanc nicht in der Karte hätte.

„Dann doch lieber einen Grauburgunder“, entschied sich Sabine.

„Das ist dann aber ein Weißwein!“ erklärte Alexander vorsorglich.

„Ach? Dann nehme ich den!“

Ihr verunsichertes Lächeln zeigte ihm, dass sie keine wirkliche Weinkennerin war.

Die meisten Mädels mit denen er sich hier traf glänzten nicht unbedingt durch Geschmack und Bildung. Kein Wunder. Wer auf der Suche nach einem Börsenmakler war, war auch auf der Suche nach dem schnellen Geld. Eine gute Partie, für die sie gewöhnlich schon nach drei Stunden die Beine spreizten. Auf dieser Schiene fuhr Alexander jetzt schon seit vier Jahren.

Es war leicht und bequem und liess sich solide mit seinem Terminkalender in Einklang bringen. Er war ein viel beschäftigter Mann und hatte nun wirklich keine Zeit sich mit einer Beziehung zu beschäftigen. Gut essen und gut vögeln. Das war seine Devise für den Feierabend.

„Der Cock au vin ist hier vorzüglich“, wagte er eine Empfehlung an das Weibchen.

Sie schien unter ihrem blonden Schopf angestrengt zu denken. „Keine Hummerschwänze, mir steht mehr der Sinn nach Hühnchen.“

Alexander lachte. So blöd konnten auch nur Frauen sein. Er unterdrücke seinen Wunsch dem Dummchen zu erklären, dass Cock au vin im Prinzip ein halber Broiler mit Weinsauce war.

„Und Sie sind in der Finanzbranche?“ wollte Blondie auch gleich wissen, nachdem er für sie bestellt hatte.

„Ganz recht, Derivatehandel im Endkundensegment. Ist nicht ganz leicht zu verstehen, aber wirklich ein lukratives Geschäft.“

„Klingt danach, als ob sie alten Leuten eine perspektivlose Aussicht aufs Himmelreich verkaufen.“

Alexander stutzte. So exakt hatte das noch niemand definiert.

„Wegen der Endkunden, meine ich …" fügte Sabine schnell hinzu, als sie bemerkte wie seine Mine erfror. „Endkunden! Das klingt doch nach Rentner, irgendwie nach alten Leuten, oder?“

„Ja, verstehe ... Nein, das ist ein Fachbegriff und bedeutet, dass man seine Geschäfte nicht mit institutionellen Anlegern tätigt“, erklärte er mit großer abwehrender Geste.

Es war nicht gut, wenn Frauen herausfanden, dass er tatsächlich sein Geld damit verdiente. dummen geldgeilen Menschen, wertlose Papiere anzudrehen und dann mit dem Ersparten durchbrannte. Das machte ja den Job so stressig, dass man alle sechs Monate mit der Firma umziehen musste.

„Ach von solchen Dinge verstehe ich gar nichts“, säuselte Sabine und nahm einen Schluck Wein. "Ich denke sie verdienten Ihr Geld ja nicht, wenn Sie nicht die Dinge nicht besser verstünden als die anderen Leute!“

Das wollte er hören, das war die richtige Richtung.

„Wir haben natürlich beste Kontakte und analysieren täglich den Markt, um für unsere Anleger das Beste rauszuholen. Das ist schon ein schwieriges und hartes Geschäft.“

Wenn die Leute wüssten, wie das alles wirklich lief ... Wenn er morgens um 10 ins Büro kam, lag da keine Tageszeitung, sondern ein gutes Gramm Koks auf seinem Schreibtisch. Seine Analyse bestand darin, sich die drei Top-Aktien vom Vortag zu aus dem Internet heraus zu suchen und dann ging das telefonieren los. Meist bis zum späten Abend, solange bis man die Vorgabe erfüllt hatte. Ausgezahlt wurde die Provision in Bar, sobald der Opa seine Rente überwiesen hatte, weil er glaubt nun Zertifikat mit einem 50er Hebel auf Google zu besitzen.

„Ich bewundere so erfolgreiche Männer. Ich selbst könnte das nicht.“

Alexander grinste breit. So kamen sie doch zusammen.

„Nun, dann verstehen Sie ja sicherlich, dass ich auf diesem Wege nach einer Partnerin suche. Soviel Zeit bleibt mir nicht und ohne feste Partnerin, die einem mal den Rücken freihält, kann man das nicht ewig durchhalten.“
Sabine nickte verständnisvoll kaute weiter an ihrem butterweichen Cock au vin herum.

Sie waren jetzt bei 38 Euro. Die Regel war ein Date durfte nicht mehr als 100 Euro kosten, sonst hätte er sich auch eine Nutte ins Büro bestellen können, so wie die anderen.

„Möchten Sie noch einen Wein. Vielleicht einen roten zum Hühnchen?“

„Ich bleibe beim Grauburgunder, danke.“

Irgendetwas stimmt mit diesem Blondchen nicht. Da war etwas, manchmal, wenn sie ihn anschaute, das passte einfach nicht. So eine Art von Verachtung, als er zum Beispiel den Roten zum Hühnchen vorschlug. Alexander konnte diesen Blick nicht richtig einordnen.

„Was machen Sie denn so?“

„Ich bin Friseuse hier in Köln und auf der Suche nach einem richtigen Mann.“

„Ah, einen richtigen Mann …?!"

„Sie wissen doch wohl was ich meine ... Einen Kerl, der mich versorgt und es mir besorgt. Ich meine einen Kerl mit Eiern!“

„Oh!“ Maurice schluckte wegen der direkten Ansage und grinste dann breit. „Da sind Sie bei mir goldrichtig!“

Das lief ja besser als gedacht. Wenn er sich jetzt nicht dumm anstellte, war er bei diesem Date mit 60 oder 70 Euro draußen und drinnen. Obwohl er für dieses Bückstück auch gerne 150 locker gemacht hätte.
„Ich weiss“, behauptet sie.

Ich weiss? Was soll das heissen: Ich weiss? „Wenn Sie mich kurz entschuldigen ... Ich …!“

Alexander stand auf und ging Richtung Toilette.

„Bestellen Sie ruhig schon einen Dessert.“

Er musste dringend ein paar Kohlen nachlegen. Dieses Date lief merkwürdig, einerseits war sie ganz klar ein notgeiles Flittchen auf der Suche nach dem Kerl mit den dicken Taschen, auf der anderen Seite verunsicherte sie ihn bei jedem Satz mit diesen forschenden Blicken. Er brauchte jetzt Klarheit und wollte jetzt den Mann rauslassen.

Er achtete sehr genau darauf, dass keine Pulverreste auf der Klobrille zurückblieben und auch nicht in seinem Gesicht. Er wusch sich die Hände und sein Geschlecht. Nicht ihretwegen, sondern damit das Koks besser hielt, dass er es sich nachher auf die Eichel streute.

Alexander sah in den Spiegel. Vielleicht war er etwas blass, sein Dreitagebart war nicht künstlich herbeigeführt, seine Haar zeigten flüchtige Tendenzen, aber er war ein gut aussehender, junger Bursche mit den Taschen voller Geld. Da konnte keine Pussy widerstehen. Soviel war sicher.

„Du bist der Mann!“ erklärte er seinem Spiegelbild. „Du, Du, nur DU bist der MANN!“

*

Als er zurück an den Tisch kam, war Sabine fertig. Fertig mit dem Wein, fertig mit Hühnchen.
„Haben Sie sich schon ein Dessert bestellt?“

„Was ich jetzt gerne hätte, stand hier nicht auf der Karte!“

Oooh, ooh, was für eine geile Sau. Alexander wußte genau, was sie meinte.

„Ist kein Hartkeks auf der Karte?“ scherzte er.

„Lassen Sie uns zahlen und sehen, ob wir woanders noch was leckeres finden!“

Die Hure war ganz heiss auf ihn. Entgegen seiner Gewohnheit gab Alexander Trinkgeld und folgte der stöckelnden Möse nach draußen. Es war noch früh, vielleicht 9 Uhr. Und er lag gut im Budget. Da mußte er nicht lange rechnen.

„Wollen wir uns ein Zimmer nehmen? Im Hotel?“ fragte er direkt. Er war sicher, dass sich diese Ausgabe für ihn lohnen würde. Mit dieser Schlampe hatte er Lust sich Zeit zu lassen.

„Nein!“ sagte sie knapp. „Hier vorne ist ein Park, da sind wir ungestört. Ein Hotel? Das dauert mir jetzt zu lange.“

So eine ...! Mit diesem Abend war Alexander hoch zufrieden. Jetzt schon. Der würde er gleich ihren Arsch vergolden und das Koks auf seiner Eichel würde ihm jede Tür öffnen.

Sabine zog ihn förmlich in die Dunkelheit des Parks. Alexander mochte öffentliche Orte bei seinen Eskapaden.

„Hier!"" kommandierte Sabine und schob ihn zu einer Bank, die rundum blickgeschützt von Büschen umgeben war.

Jetzt konnte er es kaum noch erwarten, seine Hose zu öffnen und ihr das Werkzeug seines Verlangens, den Hammer Thors, den ultimativen Schwengel des irdischen Vergnügens zu zeigen.

Lüstern stand sie vor ihm und wartete sehnsüchtig darauf, dass er endlich seinen Spaßprügel entblößte.

„Willst du ihn erst in den Mund nehmen?“ fragte er grinsend. „Oder soll ich ihn dir gleich so richtig reinrammen!?“

„Ich denke …" setzte sie nachdenklich an. „Reinrammen. Es macht dir doch nichts aus, wenn wir zuerst meinen nehmen?!“

„Scheiße!“ fluchte Alexander. „Ne verdammte Transe!“

Er sah das Lächeln in Sabines Gesicht, das Kopfschütteln. Aber er verstand nicht.

Dann nahm sie ihn von vorn. Er spürte einen Druck im Brustkorb. Dann nichts. Dann wieder. Verständnislos sah er in das lächelnde Gesicht vor ihm. Seine Beine wurden weich, dann kam der Schmerz. Er sah hinab, sah das Bajonett, sah wie es erneut in seinem Oberkörper verschwand. Er verstand gar nichts. Was wollte die Schlampe?

„Das ist das Bajonett von meinem Großvater. Es ist schon etwas rostig, weil er aus dem Krieg mitgebracht hat. Ich habe es nie poliert, aber es tut ja auch so seinen Dienst.“

„Was …?" Eigentlich wollte er „Was soll das?“ sagen, aber sein Mund war voller klebriger Spuke und das „soll“ kam schon nicht mehr richtig.

„Viele Grüße von meiner Schwester. Die war erst 16 und hat jetzt einen künstlichen Darmausgang, nachdem du sie beglückt hast.“

„Aber …“

„Nein, das hat sie sicher nicht gewollt, du perverse Sau!“

Schon wieder glitt das Bajonett in seinen Oberkörper. Langsam sackte Alexander rückwärts auf die Bank. Er konnte jetzt einfach nicht mehr stehen.

„Drei Monate habe ich die Kontaktanzeigen gewälzt um dich zu finden. Änderst ja gerne deinen Namen und auch sonst alles. Aber das Schwein kommt dann ja doch immer durch …!"
Sabine wischte das Bajonett ab und ließ es wieder in ihrer Handtasche verschwinden.

„Verreck, du Honk! Für meine Schwester und alle anderen Frauen, die du auf dem Gewissen hast“, zischte sie, drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit des Parks.

Sabine hatte wenig Angst, das man sie erwischte. Es gab keine Verbindung zwischen ihr und diesem Schwein. Es gab kein Motiv, nichts. Schließlich waren diese Treffen doch irgendwie ziemlich anonym.

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